Jetzt in der dunklen Vorweihnachtszeit durchstöbere ich gerne mal die ein oder andere Mediathek auf der Suche nach einem Film zur Abendunterhaltung. An genau solch einem Abend bin ich nach langer Zeit mal wieder auf den Film „Napola“ gestoßen, in dem basierend von Erfahrungsberichten von Zeitzeugen das fiktive Leben von zwei jugendlichen Freunden während ihrer Ausbildung in einer nationalpolitischen Erziehungsanstalt (NAPOLA) ab dem Jahr 1942 gezeigt wird. Der Film spielt u.a. in der NAPOLA „Allenstein“, die es in dieser Form nicht wirklich gab. Allenstein befand sich in Ostpreußen und nicht wie im Film dargestellt im Warthegau.
Welche Schule es hingegen zur damaligen Zeit schon gab, war die Reichsschule der NSDAP in Feldafing. Die Privatschule der SA-Führung wurde am 01.04.1934 von Ernst Röhm eröffnet und unterrichtete aus dem gesamten Reichsgebiet ausgewählte Schüler denn jeder Gau hatte die Möglichkeit drei Kandidaten pro Jahr an den Starnberger See zu schicken. Für Berlin und München waren sogar fünf Kandidaten pro Jahr zugelassen. Die Lehrer bestanden aus SA-Mitglieder und diese unterrichteten nach dem staatlich vorgegebenen Lehrplan mit einem besonderen Augenmerk auf den Wehrsport.
Und genau für diesen Wehrsport sollte u.a. mein Exponat genutzt werden. Es handelt sich dabei um einen Lederball des damaligen führenden Sportartikelherstellers „Berg“. Der Ball besteht auf fünf Seiten aus je zwei gleich großen Lederpanele und hat nur auf der Ventilseite drei Panele. Direkt an dem Ventil befindet sich auch noch der original Aufkleber von „Berg Sport - Geräte“, das unterstreicht, dass der Ball nie wirklich groß bespielt wurde. Daher sind auch die weiteren Markierungen z.T. sehr gut zu erkennen. Zum einen sind da das Berg-Logo, der Adler mit den Ringen, die Aufschrift „Mit Pechdraht garantiert handgenäht“ sowie die Modellbezeichnung „Berg Standard“ auf den Ball gedruckt. Wäre dieser außergewöhnliche Erhaltungszustand nicht schon genug um als tolles Exponat in der Sammlung zu sein, hat der Ball eine zusätzliche handschriftliche Markierung, die dem Ball diese ganz besondere Geschichte verleiht.
Auf dem Ball wurde nämlich handschriftlich zusätzlich „1944 Reichsschulde d. N.S.D.A.P. (Feldafing)“ vermerkt. Das der Ball nicht mehr groß bespielt wurde erklärt sich daher fast von selber, da aus meiner Sicht im Jahr 1944 für den „Elitenachwuchs“ sicher wenig Zeit zum (Fußball)spielen zur Verfügung stand und eher die Kriegshandlungen im Fokus standen.
Die Schule wurde im darauf folgenden Jahr am 23.04.1945 aufgelößt und wurde anschließend als Internat „Institut Dr Greite“, das u.a. vom ehemaligen SS-Sturmbandführer Walter Greite ( von 1956 - 1974) geleitet wurde, bis zum Jahr 1978 weitergeführt. Für mich persönlich ein immer noch nicht nachvollziehbarer Umstand, dass Protagonisten aus der NS-Zeit solch verantwortungsvolle Aufgaben führen durften, aber dass ist eine ganz andere Geschichte und betrifft noch ganz andere Persönlichkeiten.
Der Ball kam wahrscheinlich aufgrund seiner Aufschrift im Internat auch nicht mehr zum Einsatz und fristete ein für einen Ball ruhiges Leben auf dem Dachboden, bevor er nach vielen Jahren wiederentdeckt wurde. Einer der bekanntesten Absolventen der Schule am Starnberger See ist übrigens der ehemalige Deutsche Bank Chef Alfred Herrhausen (September 1942 bis zur Auflösung 1945) der 1989 nach einem bis heute unaufgeklärtem Bombenanschlag ums Leben gekommen ist.
Ich werde bei Führungen oft gefragt was mein Lieblingsstück ist. Wo drauf ich immer antwortet, DAS Lieblingsstück gibt es nicht. Es gibt viele Stücke, die mich besonders beeindrucken und dieser Ball mit seiner (dunkel) braunen Vergangenheit gehört sicher dazu. Denn er sorgt dafür, dass man diese schlimme Zeit nicht vergißt da man immer wieder daran erinnert wird.
Krieg ist und bleibt sinnlos und meist werden die zu Opfern, die diesen Krieg nicht wollten. Denn die die Kriege auf dieser Welt forcieren, sitzen meist gut gesichert weit entfernt vom Bombenhagel und bringen Ihre eigenen Söhne im Ausland in Sicherheit um sie zu schützen, was legitim und abscheulich zu gleich ist. Ich wette wenn man die Soldaten an den Fronten vor die Wahl stellt ob sie Krieg oder Fußball „spielen“ wollen dürfte das Ergebnis sehr eindeutig ausfallen.
So das soll es für heute gewesen sein denn ich gehe jetzt eine Runde kicken denn in Kriege für irgendwelche „Oberen“ werde ich sicher nicht ziehen und ich hoffe Du denkst genauso, denn wenn keiner mehr für andere zu Waffen greifen würde, die nach (noch) mehr Macht und Geld gieren, würden wir in einer viel friedlicheren Welt leben.
In diesem Sinne wünsche ich Dir und Deiner Familie eine schöne staade und vor allem friedliche Weihnachtszeit. Bis bald, bleib gesund und spiel Fußball.
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Jens Genschmar (Mittwoch, 04 Dezember 2024 11:17)
Toller und bewegender Bericht zu diesem besonderen Objekt.
Für mich ist immer wieder erstaunlich wie in Westdeutschland die NS-Zeit "aufgearbeitet" wurde und wie Nachfahren dieser Eliten heute noch in der (West)deutschen Gesellschaft mitwirken ....